«Angola, heilige Hoffnung!»: Agostinho Neto (17. September 1922 - 11. September 1979)

Sie sind in den Kerkern von Luanda und Lissabon entstanden, die freiheitstrunkenen, rebellischen, in portugiesischer Sprache gehaltenen und doch urafrikanischen Gedichte des Arztes Agostinho Neto. «Sagrada esperança», «Angola, heilige Hoffnung» heisst die grösste, 1974 erschienene Sammlung. Verse über die hungrigen, gequälten, entmündigten Kinder Afrikas, Verse der Hoffnung aber auch, wenn es heisst: «Morgen singen wir der Freiheit Hymnen, / Feiern wir das Ende der Sklaverei,/ Gehen wir auf die Suche nach dem Licht,/ Deine Kinder, Mutter Afrika, / Gehen auf die Suche nach dem Leben.» Was Léopold Senghor für die französischen, war Agostinho Neto für die portugiesischen Kolonien: ein Dichter, der das Beste der europäischen literarischen und revolutionären Tradition mit der Mentalität, dem Geist, dem Rhythmus Afrikas füllte. Wie Senghor wurde er 1975, nach dem Abzug Portugals, erster Präsident seines Landes, konnte die Macht für das Movimento Popular de Libertação de Angola (MPLA) aber nur dank der Sowjetunion sichern, aus deren Umarmung er sich dann mühsam wieder zu befreien suchte. Was geschah, als Neto am 11.September 1979 57jährig starb, mutet dann aber wie ein tragikomischer Epilog auf das Leben dieses Mannes an, der nicht nur Angolas Befreier, sondern auch sein erster Dichter war. Neto starb nach einer Krebsoperation in Moskau und wurde wie Lenin, Ho Chi Min und Kim Il Sung von den Russen einbalsamiert. Zurück in Angola, geriet der sorgfältig präparierte bebrillte ebenholzfarbene Leichnam in höchste Gefahr, als des anhaltenden Bürgerkriegs wegen im Mausoleum der Strom ausfiel und unweigerlich die Verwesung eingesetzt hätte, wenn nicht der gesamte Vorrat einer benachbarten Speiseeisfabrik zur Kühlung herbeigeschafft worden wäre. 13 Jahre, bis 1992, wurde Neto in Luanda wie Lenin in Moskau als kommunistische Reliquie verehrt. Dann liess die Regierung ihn auf Wunsch der Witwe aus dem Mausoleum in ein ganz gewöhnliches Grab umbetten.