1936 erschien im Insel-Verlag «Die sterbende Kirche», ein Roman, der 1918 in der fikiven estnischen Stadt Juminda spielt und am Exempel des orthodoxen Popen Seraphim den Zusammenprall des nihilistischen Staats mit den Mächten des Glaubens vorführt. Edzard Schaper, am 30.September 1908 als deutscher Offizierssohn in Posen geboren, galt, weil Romane wie dieser, dessen Fortsetzung «Der letzte Advent» (1949) bzw. «Der Henker» (1940) oder «Der Gouverneur» (1954) in Estland oder Litauen spielen, vielen als Balte, obwohl er erst ab 1932, als UPI-Korrespondent in Reval, Sympathien für diesen «Kontinent des Leidens» entwickelte und schreibend zu seiner Rettung beitragen wollte. Als Hitler die Deutschen «heimrief», nahm er allerdings die estnische Nationalität an, die er nach dem deutschen Überfall und der Flucht nach Finnland wieder aufgab, als ihm Marschall Mannerheim für den Einsatz gegen die Russen einen finnischen Pass gab. Von den Russen wie von den Deutschen zum Tod verurteilt, floh er nach dem finnisch-russischen Frieden 1944 nach Schweden und von da aus 1947 in die Schweiz, lebte in Zürich, im Wallis (Brig, Münster) und in Bern, wo er am 28.Januar 1984 starb.
Wie sein baltisches Ambiente nicht nationalistische Tendenzen, sondern besonders bedrohte Räume und Menschen evoziert, ist auch sein Christentum, mit dem Schaper sich wie Bergengruen oder Reinhold Schneider zur katholischen Literatur der Adenauer-Ära gesellte, nichts Konventionell-Beschönigendes, sondern etwas Tragisches, Paradoxes, der Gegenwart letztlich Unangemessenes. Etwas, was nur ein Autor vertreten konnte, der «als Katholik nichts anderes ein wollte als der letzte orthodoxe Lutheraner». Übrigens bekam auch die Schweiz ihr Fett ab: 1958, in der Satire «Das Tier», wo ein Asylant, der in einem Eisbärenfell den «letzten Grimselbären» spielt, seinem Vermarkter, der ihn als «Sau-Litauer» beschimpft, mit den Worten «Ich will ein Mensch sein» an die Gurgel geht.