Die Überraschung war perfekt und das intellektuelle Italien vor den Kopf gestossen, als 1959 nicht Eugenio Montale oder Giuseppe Ungaretti, sondern der am 20.August 1901 in Syrakus geborene Eisenbahnersohn Salvatore Quasimodo den Literaturnobelpreis erhielt.  «Für seine Lyrik, die mit klassischem Feuer dem tragischen Lebensgefühl der Gegenwart Ausdruck gibt», lautete die offizielle Laudatio, die damit weder zuviel, noch zuwenig sagte.
Weil dem Vater das Geld ausgegangen war, hatte er das von diesem erzwungene Ingenieurstudium nicht beenden können und lebte bis 1938 als technischer Angestellter an vielen Orten Italiens. 1930 war sein erster Gedichtband, «Acque e terre» , erschienen, der bei aller Abhängigkeit von d’Annunzio und Montale auf elementare Weise die verlorene  klassisch-hellenische Schönheit Siziliens pries. Vom gleichen Impetus getragen – und oft sogar geglückter – waren seine Übersetzungen aus dem Griechischen des Anakreon oder der Sappho, die 1940 unter dem Stichwort  «Lirici greci»  publiziert wurden. Anklänge an Antikes waren damals gefragt, und so wurde Quasimodo 1941 Literaturprofessor am Mailänder Konservatorium. 1942 erschien unter dem Titel «Ed è subito sera» seine bisherige Lyrik gesammelt und ging, wie sich bald zeigte, ein Kapitel zu Ende, das im Rückblick als weltfremd erschien. Denn Krieg und Partisanenkampf, die er 1943/44 miterlebte, machten aus dem verträumten Prediger antiker Grösse einen engagierten Dichter im Sinne des Neorealismo. «Non toccate i morti, cosi rossi, cosi gonfi: / lasciateli nella terra delle loro case: / la citta è morte, è morte», endete «Milano, agosto 1943», und mit ebensolcher Wucht, wie er zuvor die Toten der Italia graeca betrauert hatte, beklagte er nun die Opfer von Terror und Krieg und nahm 1954 im Band «Il falso e vero verde» auch die Landsleute nicht aus, die in Auschwitz ermordet worden waren. Quasimodo starb, fast 69-jährig, am 14.Juni 1968 in Neapel.